Verfahrenes Verfahren

2017-01-15

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet kommende Woche über die Zukunft der NPD. Ein Verbot würde das eigentliche Ziel verfehlen, denn die Erfahrung zeigt: Parteien verschwinden, Nazis bleiben.

Es war einmal eine Partei, die mit rechten Parolen immer mehr Anhänger gewann. Die nur knapp den Einzug in den Bundestag verpasste und drei Jahre nach ihrer Gründung in zwei Dritteln der Landtage saß. Die gegen „die Etablierten“ wetterte und die Große Koalition bekämpfte. Die schließlich 28.000 Mitglieder hatte und als vierte politische Kraft der Republik gehandelt wurde.

Gemeint ist nicht die AfD. Die Rede ist von der NPD.

In den Sechzigerjahren eilten die selbst ernannten Nationaldemokraten von Wahlerfolg zu Wahlerfolg, während die Öffentlichkeit schon damals heftig über ein mögliches Verbotsverfahren stritt. In der Bundesregierung gab es für dieses Vorhaben eine Mehrheit, doch Kanzler Kurt Georg Kiesinger zögerte. Als nach Kiesingers Abwahl 1969 die NPD aus allen Parlamenten flog und zusammenschrumpfte, wurde der Plan fallen gelassen.

Nun debattiert die Republik erneut über eine Zwangsauflösung der NPD, am Dienstag endet ein Verfahren gegen die Partei vor dem Bundesverfassungsgericht – zum zweiten Mal nach dem 2003 geplatzten Prozess. Einiges spricht dafür, dass der Verbotsantrag auch dieses Mal scheitert. Es wäre eine wichtige Entscheidung, eine richtige Entscheidung: Denn der gut gemeinte Schlag gegen Rassismus und Extremismus würde das eigentliche Ziel verfehlen.

Natürlich wäre ein NPD-Verbot ein Signal für die Opfer rechter Gewalt, für die bedrängten Menschen in Nazi-Hochburgen, für Aktivisten und Bürgerrechtler – und gegen rechte Hetze. Allerdings bleiben die Nazi-Hochburgen wohl auch ohne NPD-Büros Nazi-Hochburgen, die Hetzer können im Internet oder bei Pegida-Kundgebungen weiterhetzen, und rechte Gewalttäter sind sowieso nicht auf Parteien angewiesen.

 

Ursprung: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/npd-verbotsverfahren-parteien-verschwinden-nazis-bleiben-a-1129328.html